Weinbaugebiet Bordeaux: Rive Gauche vs. Rive Droite

Weinbaugebiet Bordeaux: Rive Gauche vs. Rive Droite

Die außergewöhnliche Dichte an Spitzenweingütern und renommierten Appellationen macht das Bordelais seit jeher zu einem Sehnsuchtsort für Fine-Wine-Liebhaber und anspruchsvolle Hedonisten weltweit.

Das Weinbaugebiet Bordeaux zählt zu den prestigeträchtigsten Frankreichs – ja sogar der Welt. Mit einer beeindruckenden Rebfläche von rund 112.000 Hektar – mehr als die gesamte deutsche Rebfläche – und einer jährlichen Produktion von etwa 5 Millionen Hektolitern behauptet sich die Bordeauxregion als eines der bedeutendsten Anbaugebiete überhaupt.

Die historische Entwicklung des Bordelaiser Weinbaus

Die Geschichte der Weinregion Bordeaux reicht bis in die Zeit der Römer zurück, die an den Ufern der Flüsse Garonne und Dordogne die ersten Reben kultivierten. Ein entscheidender Wendepunkt war die Hochzeit von Eleonore von Aquitanien mit Henry Platagenet im Jahr 1152, wodurch die gesamte Region unter englische Herrschaft fiel. Dies führte zu einem regen Weinhandel, der durch den großen Erfolg der „Clarets“ – wie die Bordeauxgewächse in England genannt wurden – noch verstärkt wurde.

Im 15. Jahrhundert wurde Aquitanien von Frankreich zurückerobert, was zunächst das Ende der Handelsbeziehungen mit England bedeutete. Später wurden die Holländer zu wichtigen Handelspartnern und sicherten den Wohlstand der Region. Während der Kolonialzeit florierte der Handel weiter, und die „New French Clarets“ mit ihrer tiefdunklen Farbe erlangten internationale Berühmtheit.

Ein historischer Meilenstein war die erste offizielle Grand Cru-Klassifikation der Bordeaux-Weingüter im Jahr 1855, bei der 88 Châteaux des Médoc, Sauternes und Barsac sowie Château Haut Brion in fünf Ränge (Cru Classé) eingeteilt wurden. Diese Klassifikation hat bis heute einen enormen Einfluss auf die Reputation der Châteaux.

Die Weinanbaugebiete am rechten Bordeaux-Ufer

Ein einzigartiges Klassifikationssystem

Das Klassifikationssystem der Rive droite in Bordeaux – insbesondere in Saint-Émilion – unterscheidet sich grundlegend von dem der Rive Gauche. Es wird regelmäßig überarbeitet, was ihm eine besondere Aktualität und Relevanz verleiht. Die Klassifikation von Saint-Émilion wurde erstmals 1955 eingeführt und berücksichtigt neben dem Terroir und der Qualität des Weins auch Kriterien wie Reputation, Marketingpräsenz und Konstanz der Qualität über mehrere Jahrgänge. Sie gliedert sich in drei Stufen: Grand Cru Classé, Premier Grand Cru Classé B und die prestigeträchtige Premier Grand Cru Classé A. Pomerol hingegen besitzt keine offizielle Klassifikation – die Qualität dort basiert auf Reputation und Marktwert. Diese spezifische Struktur macht die Rive Droite zu einem dynamischen, prestigeträchtigen und zugleich heterogenen Teil der Bordeaux-Hierarchie.

Saint-Émilion

Saint-Émilion ist nicht nur für seine wunderschöne mittelalterliche Stadt bekannt, sondern auch für seine hervorragenden Rotweine. Auf dem großen Kalkplateau dominiert die Rebsorte Merlot, häufig ergänzt durch Cabernet Franc. Die Klassifikation in Saint-Émilion wird alle 10 Jahre überarbeitet und umfasst drei Ränge: Grand Cru Classé, Premier Grand Cru Classé und Premier Grand Cru Classé A¹.

Saint-Émillions sind vollmundig, saftig und äußerst elegant. Sie sind oft schon in ihrer Jugend zugänglich, können aber über Jahrzehnte reifen. Zu den prestigeträchtigsten Weingütern zählen Château Angélus, Château Cheval Blanc, Château Ausone und Château Figeac.

Pomerol

Nur eine kurze Fahrt von Saint-Émilion entfernt liegt die Appellation Pomerol, wo auf Kalkböden mit Lehmanteil etwas kräftigere Rotweine entstehen. Sie zeichnen sich durch opulente und verführerische Frucht sowie eine beeindruckende Lagerfähigkeit aus.

Pomerol ist die Heimat des weltweit gefeierten Château Pétrus. Weitere renommierte Weingüter sind Château Clinet, Château L'Evangile, Château La Conseillante und Vieux Château Certan, dessen 2016er Jahrgang kürzlich mit der Höchstbewertung von 100 Parker-Punkten ausgezeichnet wurde.

Fronsac und Entre-Deux-Mers

In den Appellationen Fronsac und Canon-Fronsac entstehen samtige Rotweine, die oft im Schatten ihrer berühmteren Nachbarn stehen, aber ein hervorragendes Preis-Genuss-Verhältnis bieten. Das Entre-Deux-Mers, zwischen Garonne und Dordogne gelegen, ist bekannt für seine fruchtig-frischen Weißweine aus Sauvignon Blanc, Semillon und Muscadelle. Diese trockenen Bordeaux Blancs harmonieren besonders gut mit feinen Meeresfrüchten wie den Austern aus dem Becken von Arcachon.

Die Weinbaugebiete am linken Ufer (Rive Gauche)

Was steht hinter der Klassifikation "Grands Crus Classés"?

Das Klassifikationssystem der Rive Gauche, insbesondere im Médoc und Graves, ist geprägt von seiner historischen Stabilität und seiner ursprünglich marktwirtschaftlichen Ausrichtung. Die berühmteste Klassifikation, das 1855 eingeführte „Classement des Grands Crus Classés“, entstand auf Wunsch von Napoleon III. zur Pariser Weltausstellung und basiert auf dem damaligen Marktpreis der Weine, der als Indikator für Qualität galt. Es umfasst 61 Châteaux, gegliedert in fünf Klassen („crus“) – von Premier Cru bis Cinquième Cru – und wurde seitdem kaum verändert (mit wenigen Ausnahmen, etwa der Aufstieg von Mouton Rothschild 1973). Im Gegensatz dazu bewertet die Graves-Klassifikation (1953/1959) sowohl Rot- als auch Weißweine, jedoch ohne Hierarchie unter den klassifizierten Weingütern. Diese Systeme sind spezifisch, weil sie historische Prestige-Verankerung mit konservativer Struktur verbinden – was ihnen weltweit Referenzcharakter verleiht.

An der Spitze der Rive Gauche stehen die Stars der Klassifikation von 1855: die legendären Châteaux Mouton Rothschild, Latour, Margaux, Haut-Brion und Lafite-Rothschild, um nur die Premier Crus zu nennen – sie genießen weltweite Strahlkraft. Vom einflussreichen US-amerikanischen Weinkritiker Robert Parker gefeiert, inspiriert und prägt der Bordeaux-Stil seit Jahrzehnten die internationale Weinwelt.

Margaux

Die Appellation Margaux erstreckt sich über fünf Gemeinden und ist bekannt für ihre tiefgründigen Kiesböden, durchsetzt mit Sand und Lehm. Die Rotweine aus Margaux zeichnen sich durch ihre außergewöhnliche Eleganz aus. Die Tannine wirken nicht kantig, sondern fein und geschliffen. Berühmte Vertreter sind das Premier Cru Classé Château Margaux sowie Château Palmer und Château Rauzan-Ségla.

Saint-Julien, Pauillac und Saint-Estèphe

In Saint-Julien wird auf 920 Hektar hauptsächlich die Hauptrebsorte des linken Ufers kultiviert. Die Gewächse sind etwas kräftiger als die aus Margaux, zeigen aber eine beeindruckende Balance zwischen Kraft und Finesse. Sie sind bekannt für ihre Konstanz und ihr Reifepotenzial.

Pauillac ist die Heimat von drei Premier Crus: Château Latour, Château Lafite Rothschild und Château Mouton-Rothschild. In den Weinbergen von Pauillac entstehen kraftvolle Rotweine mit gut eingebundenen Tanninen, vollmundiger Frucht und einer belebenden Säure.

In Saint-Estèphe, der nördlichsten Appellation des Médoc, werden noch vollere und kräftigere Cuvées produziert. Renommierte Weingüter wie Château Cos d'Estournel und Château Montrose erzeugen Rotweine mit robustem Körper, großer Kraft und ausgeprägter Lagerfähigkeit.

Weißwein aus Bordeaux: Zwischen trockener Eleganz und süßer Verführung

Neben den international geschätzten Rotweinen kann Bordeaux auch mit herausragenden Weißweinen aufwarten.

Pessac-Léognan

In Pessac-Léognan, südwestlich von Bordeaux, werden neben großartigen Rotweinen auch die besten trockenen Weißweine des Bordelais produziert. Auf Kies- und Lehmböden entfalten Semillon und Sauvignon Blanc ihre ganze Finesse. Oft werden diese Blancs wie die Rotweine im Barriquefass ausgebaut.

Grandiose Beispiele liefern Château La Mission Haut-Brion, Pape-Clément, Domaine de Chevalier sowie das legendäre Premier Cru Classé Château Haut-Brion.

Sauternes und Barsac

In den südlichen Appellationen Sauternes und Barsac entstehen einige der größten Süßweine der Erde. Der kalte Fluss Ciron fließt hier in die wärmere Garonne, wodurch sich jeden Morgen Nebel bildet. Dies fördert die Entwicklung der Edelfäule (Botrytis Cinerea), die den Trauben einen außergewöhnlich hohen Zuckergehalt verleiht.

Zu den besten Erzeugern zählen das legendäre Château d'Yquem, Château Guiraud und Château Lafaurie-Peyraguey.

Die unterschiedlichen Stilrichtungen für Bordeaux Rotwein

Die Tropfen des rechten und linken Ufers unterscheiden sich deutlich in ihrer Charakteristik - was auf die unterschiedlichen Terroirs und Rebsorten zurückzuführen ist.

Am rechten Ufer dominiert der Merlot auf vorwiegend lehmig-kalkigen Böden. Dies führt zu körperreichen, vielschichtigen Gewächsen mit höherem Alkoholgehalt, deren Aromapalette durch intensive schwarze Früchte wie Brombeeren, Pflaumen und Kirschen geprägt ist. Die Weine sind oft schon in ihrer Jugend zugänglich, können aber dennoch jahrzehntelang reifen.

Am linken Ufer hingegen herrscht der Cabernet Sauvignon vor, der auf kiesigen Böden gedeiht. Diese Rotweine zeichnen sich durch ihre imposante Struktur, Aromen von schwarzen Früchten und eine ausgeprägte Tanninstruktur aus, die mit der Zeit immer geschmeidiger wird. Sie benötigen in der Regel mehr Reifezeit, um ihr volles Potenzial zu entfalten.

Das Bordelais beeindruckt durch seine außergewöhnliche Vielfalt an Terroirs und Stilrichtungen. Keine andere Anbauregion auf dem Globus hat es geschafft, den einzigartigen Stil des Bordelais zu kopieren. Dabei ruht sich die Region längst nicht mehr auf ihren Lorbeeren aus, sondern blickt stets nach vorne, um ihre Position als eine der führenden Herkunftsregionen für Qualitätsweine zu behaupten.

Diese Kombination aus Tradition und Innovation, aus historischer Tiefe und modernem Schwung macht Bordeaux zu einem faszinierenden Ziel für Weinliebhaber.

Das einzigartige Vertriebssystem von Bordeaux-Weine

Die Weinregion Bordeaux zeichnet sich durch ein spezielles Verkaufssystem aus, das in dieser Form einzigartig ist. Zwischen den Händlern („négociants“) und den Châteaux bestehen enge Handelsbeziehungen, die darauf basieren, dass die Händler die Erzeugnisse bereits erwerben, wenn diese noch im Fass reifen. Endkunden können diese Bordeaux Subskriptionen (auch en Primeur genannt) im Voraus reservieren.

Dieses System, bekannt als „Place de Bordeaux“, ermöglicht den Châteaux, mit den frühen Einnahmen den nächsten Jahrgang zu finanzieren. Die Kunden profitieren davon, dass die Fassweine meist zu günstigeren Konditionen erhältlich sind als bei der späteren Markteinführung. Dieses durchdachte Handelssystem trägt entscheidend zum anhaltenden Erfolg und der globalen Vermarktung von Bordeaux-Weinen bei.

Bordeaux-Rebsorten: Cabernet Sauvignon und Merlot im Fokus

Vom kultigen Bordeaux-Blend über die Napa Valley Ikone bis hin zum Super-Tuscan: Cabernet Sauvignon und Merlot zählen zu den beliebtesten Rotweinsorten überhaupt. Als Cuvée entfalten sie eine geniale Symbiose, die das Fundament vieler legendärer Fine Wines bildet und längst auch fernab der Grenzen von Frankreich in den unterschiedlichsten Variationen hohen Anklang findet. Alles Wissenswerte rund um die beliebten Cuvées in unserem Blog-Beitrag!

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