Wein ohne Sulfite: Fakten zum Thema Wein, Sulfite und Gesundheit
Die Nachfrage nach Wein ohne Sulfite steigt ständig, letztere sorgen regelmäßig für Gesprächsstoff unter gesundheitsbewussten Weinfreunden. Aber sind sogenannte „Naturweine“ wirklich gesünder als konventionell hergestellter Wein?
Wein ohne Sulfite und biogene Amine – oder warum auch Naturwein Kopfschmerzen machen kann
Ich muss es zugeben: Ich gehöre zu den Menschen, die so ziemlich alles, was mit „Natur“ anfängt oder endet erst einmal positiv bewertet. So auch den wunderbaren „vin nature“, den ich an einem milden September-Spätsommerabend in einer neuen Cave à vins in meinem Pariser Lieblingsviertel genoss. Ein Rotwein von der Loire. Er schmeckte herrlich – und der vegetarische Vorspeisenteller erwies sich als perfekter Food-Pairing-Tipp. Umso mehr Bewunderung erntete ich an diesem Abend dafür, es bei einem einzigen Glas zu belassen – und umso größer war die Überraschung angesichts meines Jahrhundert-Katers am nächsten Morgen. Bis ich auf eine neuseeländische Forschungsarbeit von Sophie Parker-Thomson stieß. Letztere beschäftigt sich mit Weinen ohne zugesetzte Sulfite – und stellt einen Zusammenhang zwischen Naturwein und einen erhöhten Gehalt von biogenen Aminen her. Es gilt als erwiesen, dass das Verzichten auf Sulfit den biogenen Amin-Anteil erhöht und damit bei empfindlichen Menschen mitunter Kopfschmerzen auslösen kann. Laut Sophie Parker-Thomson genügt schon eine kleine Menge Schwefeldioxid, um den Negativ-Effekt der biogenen Amine zu reduzieren.
Also doch lieber konventionell hergestellter Wein mit einer homöopathischen Dosis zugesetzter Sulfite? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Aber bei mir kommt wohl nächstes Mal wieder irgendetwas klassisches ins Glas, mit großer Wahrscheinlichkeit ein fruchtig-eleganter Saint-Emilion vom rechten Bordeaux-Ufer.
Wein ohne Sulfite und Naturwein
Was versteht man unter Naturwein?
Naturweine gibt es schon seit Jahrhunderten, aber erst das Aufkommen eines entsprechenden Labels hat ihnen in jüngster Zeit eine Struktur und mehr Glaubwürdigkeit und Sichtbarkeit verliehen. Sowohl weiße als auch rote Naturweine sind ungefilterte Tropfen, die ein aromatisches Profil mit Qualitäten und Mängeln aufweisen. Der Weinanbau erfolgt ähnlich wie im biologischen und biodynamischen Weinbau, d. h. mit größtem Respekt vor der Natur, ohne chemische Behandlungen und stattdessen mit natürlichen Düngemitteln. Die Weinlese wird stets von Hand durchgeführt.
Enthalten Naturweine Sulfite?
Die Antwort lautet: Ja, auch Naturweine enthalten Sulfite. Dennoch sind sie die großen Gewinner in der Kategorie Weinen mit wenig Sulfiten. Sie weisen einen noch geringeren Sulfitanteil als ihre Kollegen auf, der Biowein und der biodynamische Wein. Der Sulfitgehalt in Naturweinen geht gegen Null und einige Weingüter verwenden überhaupt keine zusätzlichen Sulfite. Stattdessen werden einheimische, d. h. natürliche Hefen verwendet. Das Ergebnis ist äußerst authentisch, da hier die Natur das letzte Wort hat. Sie bieten eine einzigartige Erfahrung und es ist sehr schwierig, ein typisches Aromaprofil für Naturweine zu erstellen.
Wenngleich der Begriff „Naturwein“ (oder auch naturbelassener Wein, Natural Wine oder Orange Wine) keine weinrechtliche Bedeutung hat, ist er einem nachhaltigen Weinbauansatz zuzuordnen. Im Vergleich zu konventionell hergestelltem Wein gibt es allerdings keine feste Definition, die ganz klar regelt, was genau einen Naturwein ausmacht. So gibt es auch hier Winzer und Winzerinnen, die ihren Natural Wine vor dem Abfüllen minimal schwefeln – von daher das für so manchen Naturweinfreund verwirrende „enthält Sulfite“ auf dem Etikett.
Wein ohne zusätzliche Sulfite
Was genau sind eigentlich Sulfite?
Es gibt zwei Arten von Sulfiten: Jene, die in Form von sekundären Pflanzenstoffen natürlich in Pflanzen und Lebensmitteln wie Knoblauch, Meerrettich oder Zwiebeln vorkommen und die künstlich erzeugten Schwefelverbindungen, die man häufig auch unter den Begriff „Konservierungsstoffe“ oder Schwefeldioxid findet.
Die natürlichen Sulfite haben mitunter eine umfangreiche gesundheitsfördernde wie auch anti-bakterielle und anti-virale Wirkung, während jene, die durch Schwefelverbindungen künstlich hergestellt werden, mit dem Ziel, die Haltbarkeit von Lebensmitteln zu verlängern oder Bakterien zu bekämpfen in zu hoher Dosis gesundheitsschädigend sein können. Das Zutatenverzeichnis dieser geschwefelten Lebensmittel sind mit folgenden Bezeichnungen versehen: Natriumsulfit (E 221), Natriumhydrogensulfit (E 222), Natriumdisulfit (E 223), Kaliumdisulfit (E 224), Calciumsulfit (E 226), Calciumhydrogensulfit (E 227), Kaliumhydrogensulfit (E 228), Sulfitlaugen-Zuckerkulör (E 150 b), Ammoniumsulfit-Zuckerkulör (E 150 d).
Sulfite bei der Weinherstellung
Sulfite entstehen beim Gärungsprozess und sind somit nicht zu vermeiden. Bei Tropfen ohne Zusatz von Sulfiten geht also darum, den Schwefelgehalt nicht künstlich erhöhen.
Bei der Herstellung eines Weins ist dieser allerdings einem großen Risiko ausgesetzt: der Oxidation. Aufgrund der Bakterien, die während des Mazerationsprozesses in den Wein gelangen, werden Sulfite und insbesondere Schwefel hinzugefügt, um diese unerwünschten Hefen und Bakterien abzutöten. Auf diese Weise wird die Qualität des Weins bewahrt, insbesondere auch die Lagerfähigkeit, die insbesondere bei qualitativ hochwertigen Tropfen eine wichtige Rolle spielen kann. Seit 2005 muss die Menge an Sulfiten muss auf dem Flaschenetikett mit dem Hinweis „enthält Sulfite“ oder „enthält Schwefeldioxid“ angegeben werden, wenn der Wert 10 Milligramm pro Liter übersteigt.
Ist in jedem Wein Sulfit?
Es ist wichtig zu verstehen, dass es keine Weine ohne Sulfite gibt, wie viele andere Lebensmittel enthält auch das beliebte Genussmittel naturgemäß eine kleine Menge natürlicher Sulfite. Diese natürlich präsenten sekundären Pflanzenstoffe stellen lediglich für Menschen mit einer Unverträglichkeit ein Problem dar, genauso wie beispielsweise der Verzehr von Zwiebeln oder Knoblauch für einen (sehr) kleinen Teil der Bevölkerung darstellen kann. Anders steht es um die künstlich hergestellten Schwefelverbindungen, deren Verzehr ab einer gewissen Dosis auch für Menschen ohne Unverträglichkeiten oder Allergien gesundheitsschädigend sein kann.
Es gibt eine steigende Anzahl an Winzer, die sich dieser Tatsache bewusst sind und die sich zum Ziel gesetzt haben, die Menge dieser künstlich zugesetzten Sulfite zu reduzieren oder gar ganz weglassen. Es handelt sich also um ungeschwefelte Weine, die ohne Schwefelverbindungen hergestellt wurden. Häufig ist dies bei drei Weinkategorien der Fall: Bioweine, biodynamische Weine und Naturweine.
Sulfite in Biowein
Was ist Biowein?
Biowein zielt darauf ab, guten Wein anzubieten, der sowohl gesund als auch nachhaltig ist. Seit 2012 ist die Bezeichnung "Biowein" von der Europäischen Union sowohl im Hinblick auf den Weinbau als auch auf die Weinbereitung geschützt und geregelt. Das Ziel von Bio-Weißweinen und Bio-Rotweinen ist es, den Einsatz von Pestiziden, Insektiziden und chemischen Behandlungen zu verhindern. Dies entspricht einem globalen Trend und dem Wunsch der Verbraucher, weniger, dafür aber besser, gesünder zu konsumieren. Von Jahr zu Jahr ist in der Tat ein Wachstum des Marktes für Biowein zu beobachten.
Haben Bio Weine Sulfite?
Auch für Bioweine lautet die Antwort: Ja. In der Tat ist es sehr kompliziert, einen Wein ganz ohne zusätzliche Sulfite herzustellen, insbesondere einen Weißwein. Während Rotwein von Natur aus Tannine und Antioxidantien aufweist, haben Weißweine, egal ob trocken oder süß, kaum eine Chance, ohne den Zusatz von Sulfiten richtig zu altern und sich zu halten. In Bioweinen ist der Zusatz von Sulfiten jedoch erheblich reduziert: Es werden wesentlich niedrigere Dosen verwendet, was wiederrum weniger negative Auswirkungen auf die Gesundheit mit sich bringt. So hat beispielsweise ein biologischer Bordeaux-Wein weniger Sulfite als ein konventionell hergestellter Wein.
Biodynamischer Wein
Was macht biodynamische Weine aus?
Biodynamischer Wein ist nicht mit Biowein zu verwechseln. Biodynamischer Wein entspricht nämlich einem sehr genauen Pflichtenheft, das die Kräfte der Erde in Balance bringen soll. Um dies zu erreichen, werden die Weinberge mit Pflanzen und Infusionen behandelt, um die Erde robuster zu machen. Darüber hinaus richtet sich die Arbeit im Weinberg nach dem Mondkalender, um die natürliche Widerstandskraft der Pflanzen zu stärken. Im Allgemeinen entspringen biodynamische Weine einer Philosophie, die die Natur als eine Reihe von lebendigen Ökosystemen betrachtet, die es anzuhören, zu respektieren und zu schützen gilt.
Enthalten biodynamische Weine Sulfite?
Auch hier lautet die Antwort: Ja. Da die Erde, der Mond- und Sonnenzyklus und das Leben der Ökosysteme für die Biodynamik jedoch von größter Bedeutung sind, sind die Tropfen, die aus ihr hervorgehen, so natürlich wie möglich. Biodynamische Weine enthalten, ähnlich wie biologische Weine, nur sehr wenig Sulfite.
Die führenden biodynamischen Labels wie Demeter und Biodyvin haben sehr strenge Richtlinien, die noch geringere Höchstmengen an Sulfiten vorschreiben, als in den Richtlinien für den biologischen Weinbau erlaubt sind.
Veganer Wein ohne zusätzliche Sulfite
Was genau versteht man unter veganen Weinen?
Während dem Anbau unterscheiden sich vegane Weine nicht von konventionellen Weinen, sie unterliegen keinen besonderen Vorschriften bezüglich biologischem Anbau oder ähnlichen Kriterien. Der Unterschied liegt in der Klärungsmethode: Um einen Wein zu klären, greifen konventionell arbeitende Winzer zu tierischen Produkte wie Eiklar oder Gelatine. Hierbei geht das Eiweiß mit den Trübstoffen eine Verbindung ein, die über den klärenden Effekt hinaus auch für eine harmonische Gerbstoffstruktur sorgt. Diese tierischen, eiweißbasierten Klärmittel gelten als technische Hilfsmittel während der Weinproduktion. Sie werden nach der Produktion entfernt und müssen daher nicht auf dem Etikett angegeben werden.
Für die Klärung eines veganen Weins werden hingegen alternative, rein pflanzliche Proteine oder Mineralerde eingesetzt. Mittlerweile verzichten immer mehr konventionelle Winzer auf die tierischen Klärmittel. Doch gibt es im Gegensatz zum Bio-Siegel noch kein einheitliches, europaweit gültiges Vegan-Siegel für die Weine, was einer der Gründe ist, warum man diese Vegan-Weine nicht immer als solche identifizieren kann. Natürlich gibt es auch Veganwein ohne Sulfite. Doch anders als bei Biowein und biodynamischem Wein ist der Sulfitmaximalwert nach unserem Kenntnisstand nicht stärker begrenzt als der von konventionell hergestellten Weinen.
Was enthält mehr Sulfite, Rotwein oder Weißwein?
Rotweine enthalten naturgemäß mehr oxidationsschützende Sulfite als Weißweine - weswegen die erlaubten Maximalwerte künstlich zugefügter Sulfite bei letzteren höher ist als bei den roten Tropfen.
Auch der Restzuckeranteil wirkt sich auf den Sulfitgehalt aus. So enthält beispielsweise ein trockener Bordeaux Rotwein weniger Sulfite als ein süßer Weißwein aus dem Elsass.
Ohne zusätzliche Sulfite = umweltfreundlich?
Sulfitfreie Weiß- und Rotweine helfen nicht direkt, die Umwelt zu schützen. Dennoch sind die meisten Tropfen ohne Sulfitzusatz biologische, biodynamische oder natürliche Weine und somit Teil eines nachhaltigen Ansatzes. Dieser verantwortungsvolle Ansatz reduziert nicht nur den Einsatz von Sulfiten, sondern verbietet auch den Einsatz von chemischen Pflanzenschutzmitteln und Pestiziden. Diese Chemikalien sind nämlich so stark, dass sie kurzfristig auch harmlose Tiere und Pflanzen sowie Schädlinge ausrotten. Langfristig wird die Erde tiefgreifend geschädigt und die Balance der Ökosysteme völlig durcheinandergebracht. Sulfitfreie Weine sind daher in der Regel eine nachhaltigere Lösung als herkömmliche Weine.
Wein ohne Sulfite und Histamin
Welche Rolle spielt der Alkohol?
Mitunter macht man gerne das Histamin für so manchen Kater am Tag nach dem Glas zu viel Rotwein verantwortlich. Doch an diesem Vorurteil ist nur für einen (extrem) geringen Bevölkerungsanteil etwas dran. Lediglich 1% der Bevölkerung leidet unter einer Histamin-Unverträglichkeit, ähnliches gilt für Sulfit. So liegt es also rein statistisch betrachtet nahe, dass so mancher schwieriger Morgen danach nicht gezwungenermaßen mit dem Histamin im Wein zusammenhängt.
Allergiker wissen: Histamin kommt in vielen Lebensmitteln natürlich vor, so übrigens auch in Früchten oder Gemüse wie z. B. Sauerkraut, Kiwi, Tomate - oder eben in beliebten Genussmitteln wie Bier oder Wein.
Generell gilt: Der natürlich vorhandene Histamin-Gehalt im ist Rotwein drei- bis viermal höher als jener im Weißwein – die weißen Tropfen weisen weniger als 1 Milligramm Histamin pro Liter Histamin auf, weshalb manche Menschen eher zum Weißwein als zum Rotwein greifen. Im Vergleich zu vielen Lebensmitteln ist das jedoch ein niedriger Wert. Doch kommt bei Wein eben der Alkohol hinzu, der den Histaminabbau im Körper hemmt - was also als erschwerender Faktor bei einer Histaminunverträglichkeit oder Allergien noch hinzukommt. Kurz, durch diese Hemmfunktion im Abbauprozess von Histamin wirkt sich Alkohol und somit der Genuss von Wein für Allergiker zusätzlich negativ aus.
Wie ungesund sind die Schwefelverbindungen?
Auch hier gilt die Faustregel: Alles eine Frage der Dosis. In geringen Mengen sind Sulfite für die meisten Menschen unproblematisch - und können sich mitunter sogar positiv auswirken: Menschen, die sensibel auf die in Naturwein verstärkt vorhandenen biogenen Amine reagieren, könnten laut Studien Wein mit Schwefelverbindungen besser vertragen als sulfitfreien Weinartgen wie Orange Wine oder sogenannte "naturreine Weine".
Jedoch ist wissenschaftlich bewiesen, dass die künstlich hergestellten Schwefelverbindung ab einer gewissen Menge die Gesundheit gefährden können. Je nach natürlichen vorhandenen oder vom Winzer zugesetzten Sulfitgehalt während der Herstellung kann man bei dem Verzehr von zwei Gläsern Wein schon die empfohlene Maximalmenge erreichen. Problematischer ist das Ganze allerdings für Allergiker: Eine erhöhte Empfindlichkeit oder Unverträglichkeit gegenüber der Schwefelverbindungen führt zu einer Form von Nahrungsmittelallergie.
Der Verzehr von Wein ohne Sulfitzusatz kann in bestimmten Fällen also die Gesundheitsrisiken verringen und kann generell als Teil eines bewussten Konsumverhaltens betrachtet werden.
Und wo wir schon beim Thema Gesundheit wären: Wissen Sie, wie viele Kalorien im Wein stecken?
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